Die Idee (und was daraus geworden ist, siehe ganz unten)

Nach der Installation einer PV-Anlage wollte ich mir das Geld für eine Speicherbatterie vorerst sparen. Kosten sind noch zu hoch, und der Wirkungsgrad ist auch nicht so wie ich das erwarten würde. Daher hatte ich die Idee, wenigstens meine SmartHome-Geräte über eine Solarbaterie zu versorgen. Geplante Regelstrategie: Laden, wenn die PV-Anlage Tags bei Sonne Strom im Überschuss produziert. Und über die Nacht Geräte aus der 12V-Solarbatterie betreiben.

Skizze Solar-USV

 

Meine DIY-Geräte laufen alle mit DC-Spannung, allerdings mit unterschiedlicher Betriebsspannung. Also brauchte ich diverse DC/DC-StepUp- oder StepDown-Regler.

Die meisten meiner DIY-SmartHome-Geräte waren schon vor diesem Projekt zentral mit der entsprechenden DC-Spannung versorgt worden. Von daher war der Aufwand, alle Geräte mit einer 12V-Batterie als zentrale Gleichspannungs-Quelle zu versorgen, überschaubar. Die ESP8266 hatten ohnehin alle einen AMS1117-3.3 zur Spannungsversorgung vorangeschaltet; konnten also problemlos mit 5 VDC angefahren werden. Nach der Installation der diversen DC-Spannungs-Wandler habe ich erst einmal den Strom bei 12 VDC gemessen. Dieser lag inklusive aller Geräte bei ca. 4 A, also insgesamt etwa 50 Wel.

Am Ende werden folgende "Verbraucher" aus der Solar-Batterie versorgt:

  • FRITZ!Box (12 VDC)
  • Odroid HC4 als NAS mit SSD (15 VDC)
  • zwei NETGEAR Ethernet-Switches (GS108 und GS316, 12 VDC)
  • fünf Raspberry Pi (4B, 2 x 3B, 2B, Zero W, alle 5 VDC)
  • insgesamt ca. 8 ESP8266 in unterschiedlichen Versionen (ESP-01, NodeMCU, ESP-12, etc., alle 3.3 VDC)

Wie gesagt verbrauchen all diese DC-Verbraucher zusammen etwa 40 Wel. Der Verbrauch teilt sich in etwa so auf:

Leistungsaufteilung DC-Verbraucher


Auswahl der Komponenten

Ich dachte, dass eine 100Ah-Bleibatterie in der Lage sein sollte, im Winter etwa 20 Stunden bei ca. 4 A zu überbrücken. Also kaufte ich (nacheinander) verschiedene Solarbatterien, auch Versorgerbatterie genannt, vollgekappselt, wartungsfrei, zyklenfest. Ein kräftiges Ladegerät sollte die Batterie dann bei PV-Strom "kostenlos" laden. Ich habe mich für ein Victron Energy Blue Smart IP22 Charger 12/20(1) entschieden.

Ladegerät

Das Ladegerät Victron Energy Blue Smart IP22 Charger 12/20(1) hat einen Ausgang und kann mit maximal 20 A laden. Außerdem bleibt der Lade-Modus nach dem Ausschalten erhalten, und das Ladegerät schien hinreichend intelligent, um die Batterie halbwegs schonend aber doch maximal zu laden. Zudem ist im Handbuch explizit erwähnt, dass eine Batterie auch dann geladen werden kann, wenn eine Last an der Batterie angeschlossen ist. Das reduziert natürlich den Ladestrom um den Laststrom. Wenn keine Batterie angeschlossen ist, arbeitet dieses Ladegerät als 12V-Netzteil. Das ist wohl nicht bei allen Ladegeräten der Fall. Dass es hiermit klappt, habe ich durch Zufall festgestellt, nachdem die Sicherung nach der Batterie rausgeflogen war!

Die getesteten Batterien

Die tatsächliche Kapazität der erste Batterie, einer SOLIS 100Ah 12V USV Solarbatterie, habe ich mit einer kleinen elektronischen Last vermessen. Nach dem Laden wurde die Batterie mit konstant 4 A bis zu einer Spannung von 10,5 V entladen. Leider war diese erste 100Ah-Batterie bereits nach ca. 9 Stunden leer (bei 10,5 V):

Entladekurve Batterie SOLIS SB100

 

Nach Rücksprache mit dem Lieferanten und Blick ins Datenblatt der Batterie habe ich festgestellt, dass die angegebenen 100Ah nur bei C100 gelten. Also 100h lang entladen, in diesem Fall bei 1 A. Bei C20 (20h entladen) war die Kapazität nur noch mit 80Ah spezifiziert. Dennoch sollte diese Batterie bei 4 A Entladestrom 20 Stunden durchhalten, bis 10,5 V erreicht werden. Auch wenn mein Messaufbau sicher keinen Norm-Kriterien standhalten würde, so sind die gemessenen 36 Ah doch deutlich weniger als die spezifizierten 80 Ah! Nach einigen Emails (inklusive Entladekurven) mit dem Lieferanten bekan ich mein Geld zurück, allerdings musste ich diese eigentlich nagelneue Batterie entsorgen. Nachdem sich der Verkäufer leider auf keine andere Lösung einlassen wollte, habe ich diese Batterie entsorgt, um mein Geld zurück zu bekommen! Für die Rücknahme meiner negativen Bewertung auf ebay wurden mir übrigens 10€ angeboten, die ich aber nicht annehmen wollte.

Auch die zweite Batterie, dieses Mal eine LANGZEIT SOLAR LZ110S 12V Solarbatterie, habe ausführlich getestet. Die erste Entladekurve (im Auslieferungszustand) sah erfreulich gut aus, bei konstant 4 A lag nach 18h die Spannung noch immer bei 11,3V! Leider sank die Kapazität mit jeder weiteren Lade-Entladekurve. Nach sieben Zyklen war die Batterie nach 11,5h bei 10,5V; dies entspricht einer Kapazität von 46 Ah. Laut Datenblatt ist die Kapzität mit 85 Ah bei C20 spezifiziert. Bei 4A wäre also eine Laufzeit von mindestens 20h zu erwarten. Ich habe drei verschiedene Ladegeräte ausprobiert, um den Fehler beim Laden ausschließen zu können. Leider ohne Verbesserung der Kapazität. Ich habe mich sogar bei mir bekannten Batterieexperten erkundigt, ob ein Fehler in meinem (einfachen und sicher nicht Norm-konformen) Messaufbau vorliegt. Gemeinsam kamen wir aber zu dem Ergebnis, dass die Batterie einfach nicht die ihr angedachte Zyklenfestigkeit hat. Dafür dass diese Batterie laut Beschreibung sehr zyklenfest sein sollte, fand ich dieses Ergebnis sehr überraschend:

Entladekurve Batterie LANGZEIT SOLAR LZ110S

 

Nach einem ausführlichen email-Verkehr mit dem Lieferanten habe ich auch diese Batterie zurückgeschickt und mein Geld erstattet bekommen. Eigentlich hatte ich die Batterie reklamiert und hoffte auf eine Ersatzlieferung. Leider wollte mir der Lieferant keine neue Batterie zuschicken. Die Geschäftsleitung meinte, ich würde Zitat "keine richtige Kapazitätsbemessung" vornehmen und schrieb weiter: "Da wir davon ausgehen, dass Sie nach Erhalt einer neuen Batterie nochmals ein Test durchführen werden, und dieser sicherliche nicht unseren Messungen entspricht, sehen wir davon ab, Ihnen eine neue Batterie zuzusenden." Wie man denn eine Kapazitätsmessung "richtig" vornimmt, wurde mir leider nicht mitgeteilt.

Aller guten Dinge sind drei! Also habe ich eine dritte Batterie vermessen. Dieses Mal eine Phaesun Blei-AGM-Akku Sun Store 100. Und siehe da, es lag nicht an meinem Messaufbau! Diese Batterie ist mit einer Kapazizät von 107 Ah bei C20 spezifiziert. Und tatsächlich ist diese Batterie bei der 4A-Entladung erst nach ca. 27 Stunden bei 10,5V. Das entspricht einer Kapazität von 108 Ah! Und zwar auch nach vier Lade-Entladezyklen keine wesentliche Änderung. Na also, es geht doch!!!

Entladekurve Batterie Phaesun Sun Store 100

 

Seit Mai 2021 ist eine Varta AGM-Batterie für dieses Projekt im Einsatz. Die Kapazität ist bei C20 mit 95 Ah angegeben und wird auch nach meinen Messungen erreicht. Der Aufbau sieht aktuell so aus; links über dem Minus-Pol ist die Platine mit ESP8266 und Strom- und Spannungs-Sensor erkennbar:

Varta AGM 12V 95 Ah mit ESP8266-Platine

 

restliche Komponenten

Die Batteriespannung wird von einem "4 fach 16 bit Analog/Digitalwandler ADS1115" eingelesen und von einem ESP8266 als Messwert via WLAN zur Verfügung gestellt. Der Strom in die Batterie rein und raus misst ein 20A-Hall-Stromsensor ACS712, dessen Analogausgang ebenfalls der ADS1115 verarbeitet und in einen elektrischen Strom umrechnet. Beide Werte, Batteriespannung und Batteriestrom, wurden mit Multimeter "kalibriert" und entsprechend "justiert". Für meine Belange sind diese Messwerte so genau genug.

Die Batterie ist über eine 10A-Sicherung mit den Verbrauchern verbunden. Die NAS, Netzwerk-Router (12 VDC) und Fritz!Box werden direkt mit der Batteriespannung versorgt (ca. 12 bis 14 VDC). Die Raspberry Pis werden mit einem Step-Down-DC/DC-Wandler mit 5 VDC versorgt. Für diverse ESP8266 wandelt ein Recom DC/DC-Konverter (R-783.3-0.5) die Batteriespannung auf 3.3VDC. Ein Recom DC/DC-Konverter (R-785.0-0.5) ist auch für einen einzigen Raspberry Pi völlig ausreichend. Auf diese Weise werden verschiedene DC-Verbraucher inklusive FritzBox und diverse Switches aus der leicht schwankenden Batteriespannung stabil und zuverlässig versorgt.


Echt-Betrieb

Diese Batterie Sun Store 100 habe ich dann in den Echt-Betrieb geschickt. Geladen wird die Batterie mit dem Victron Energy Blue Smart IP22 Charger 12/20(1), und zwar täglich ab zwei Stunden nach Sonnenaufgang, bis zwei Stunden vor Sonnenuntergang. In der restlichen Zeit werden alle DC-Verbraucher aus der Batterie versorgt. Der Strom schwankt zwischen 3,5 und 4,5 A, liegt im Mittel also etwa bei besagten 4 A. Die Entladekurve im Echt-Betrieb deckt sich schön mit der Entladung mit elektronischer Last:

Entladekurve im Echt-Betrieb

 

Das folgende Diagramm zeigt Spannung und Strom der Batterie über den Zeitraum von einer Woche. Man erkennt die Ladezyklen am Tag und die Entladung während der restlichen Tageszeit, und vor allem über Nacht. Ein Ladevorgang startet hier (zu dieser Jahreszeit Mitte Februar) gegen 8:30 Uhr mit maximalem Ladestrom von 20A, wobei ca. +4A an die Verbraucher und ca. -16A in die Batterie gehen. Der Hall-Sensor misst den Ladestrom in die Batterie natürlich negativ. Nach ca. 1,5 Stunden sinkt der Ladestrom langsam ab, während die Ladespannung auf ca. 14,4V ansteigt. Gegen 15 Uhr wird der Ladevorgang beendet; die Ladespannung liegt dann bei ca. 14,6V. Dann werden die Verbraucher mit ca. 4A wieder komplett aus der Batterie versorgt, hier für ca. 18 Stunden. Die Batteriespannung sinkt wärend dieser Entladung von ca. 12,9 auf ca. 12,0V:

Steuerung und Regelung

Geregelt und gesteuert wird dieses Projekt von einem ESP8266 ESP-01 mit einem A/D-Wandler ADS1115. Die Batteriespannung wird auf A0 des ADS1115 über einen Spannungsteiler eingelesen. Auf A3 wird der LEM-Wandler eingelesen, um den Strom in und aus der Batterie zu erfassen. Via GPIO2 wird über einen Optokoppler ein 230VAC-Relay und damit das Ladegerät angesteuert.

ESP8266 mit Stromsensor und ADC

 

Hier nun mein aktueller Code ESP8266_USVBat_V1.052.ino für den ESP8266 ESP-01:

 

Hier ist die XML, über die der ESP8266 seine Messwerte bereitstellt. Angesteuert wird der ESP8266 von einem Raspberry Pi. Das Ladegerät schaltet ein, sobald die PV-Anlage nach Sonnenaufgang eine entsprechende Leistung liefert, und beendet den Ladevorgang analog ensprechend rechtzeitig von Sonnenuntergang.

<ESP8266_USVBat>
  <data name="Device" value="ESP8266_USVBat"/>
  <data name="Version" value="V1.052 from 2021-11-17" valueunit=""/>
  <data name="MAC" value="aa:bb:cc:dd:ee:ff" valueunit="AA:BB:CC:DD:EE:FF"/>
  <data name="SSID" value="MySSID" valueunit=""/>
  <data name="IP" value="192.168.X.Y" valueunit="xxx.xxx.xxx.xxx"/>
  <data name="StartTime" value="2021-11-17 19:59:47" valueunit="YYYY-MM-DD hh:mm:ss"/>
  <data name="RunTime" value="144.005" valueunit="hours"/>
  <data name="WIFIConnectCounter" value="1" valueunit=""/>
  <data name="help" value="use /Set?relay=on/off to turn relay on or off" valueunit="text"/>
  <data name="help" value="use /Set?lowBat=xx to set new lowest battery voltage" valueunit="text"/>
  <data name="help" value="use /RelayTest?repeat=x to open relay x times" valueunit="text"/>
  <data name="lowBat" value="11.500" valueunit="Volt"/>
  <data name="Voltage" value="12.585" valueunit="Volt"/>
  <data name="Load" value="4.386" valueunit="Ampere"/>
  <data name="Relay" value="off" valueunit="on/off"/>
</ESP8266_USVBat>

 

Erfahrungsbericht und Ende dieses Projekts

Diese Solar-USV-Lösung hat nun seit Mitte Februar 2020 bis Anfang September 2020 prima funktioniert. Dann ist mir leider bei plötzlich und unerwartet der Stromsensor ACS712 abgeraucht. Dies passierte offensichtlich beim Start des Ladevorgangs. Seit über 200 Tagen und damit Ladevorgängen ohne Probleme kam dieser Defekt für mich recht überraschend.

Defekter Stromsensor ACS712

 

Als Folge dieses Defekts sind dann alle meine Geräte ausgefallen, FritzBox, NAS, Raspberry Pis, das ganze SmartHome! Um diesen Fehler in Zukunft zu vermeiden habe ich dann einen LEM-Wandler als Stromsensor eingebaut: LEM LTS6-NP. Der Messbereich geht bis ±19,2 A.

Ende Januar 2022 musste ich dann leider feststellen, dass die Kapazität meiner 12V-AGM-Bleibatterie sich dann doch innerhalb weniger Tage stark reduziert hat. Im folgenden Diagramm sieht man, dass Anfang Januar noch alles ok zu sein schien. Die Entladekapazität lag bei ca. 80Ah, die Ladekapazität bei ca. 71Ah. Die Spannung ging bis ca. 11,8 V runter.

Bis Ende Januar hat sich die Entladekapazität dann auf knapp unter 52Ah verkleinert, und auch die Ladekapazität lag dann bei nur noch ca. 55Ah. Wenn man in dem Diagramm Strom und Spannung ausblendet, sieht man den Kapazitätsverlust noch deutlicher. Die Spannung ging am Ende auf 11,5V runter, dann startete die "Zwangsladung" schon etwa um 4:30 Uhr. Die Batterie hat also nicht einmal mehr eine Nacht durchgehalten. Da ich die Batterie nicht weiter zerstören wollte, habe ich diese Projekt daher beendet. Die Batterie hat nun seit 16.05.2021 nun ca. 250 Lade-Entladezyklen erreicht.

Seit 29.01.2022 wird diese Batterie nun permanent mit einer konstanten Erhaltungsspanung von ca. 13,4V beaufschlagt und dient damit tatsächlich nur noch als USV-Batterie für kurzzeitige Stromausfälle (die hier in der Gegend zum Glück fast nie vorkommen).